Laufende Forschungsprojekte

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Vom Gast zum Bürger. Der Beitrag des Protestantismus zu Fragen der Integration von Arbeitsmigranten in der Bundesrepublik Deutschland (1960–1984)

Mit dem Zuzug von Arbeitmigranten seit Mitte der 1950er Jahre stellten sich - nach der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen - die Frage nach Exklusion und Inklusion in neuer Weise. Die Studie untersucht die Positionierung der evangelischen Kirche im gesellschaftspolitischen Richtungsstreit über die bundesdeutsche Ausländerpolitik von der Anwerbephase bis zur Phase der Rückkehrförderung. Sie zeigt, wie die Kirche auf die wachsende ethnische, kulturelle und religiöse Pluralität der bundesdeutschen Gesellschaft reagierte, die auch sie selbst und ihre gesellschaftliche Rolle tangierte.
Nach Einzelinitiativen in den 1950er Jahren begann die evangelische Kirche – insbesondere in Gestalt des Diakonischen Werkes und Kirchlichen Außenamtes der EKD – seit 1960 systematisch mit der kirchlichen, sozialen und kulturellen Betreuung ausländischer Arbeitnehmer, vornehmlich für evangelische und orthodoxe Ausländer. Von Mitte des Jahrzehnts an übernahm sie gegenüber Staat und Gesellschaft auch zunehmend eine advokatorische Funktion für alle Arbeitsmigranten als einer unterprivilegierten Gruppe und forderte für sie soziale, rechtliche und politische Integrationsperspektiven ohne kulturellen Assimilierungszwang. Seit Anfang der 70er Jahre folgten der praktischen Hilfestellung auch vermehrt theologische und sozialethische Reflexion. Zahlreiche kirchliche Erklärungen und Stellungnahmen beschäftigten sich aus evangelischer Sicht mit den Integrationsperspektiven von Zugewanderten und der Aufnahmebereitschaft der deutschen Bevölkerung, wobei sich die theologischen Vergewisserungen in diesen Fragen während des Untersuchungszeitraums veränderten. Insgesamt spiegelt sich in dem kirchlichen Engagement für Arbeitsmigranten ein Wandel im Gesellschafts- und Staatsverständnis des bundesdeutschen Protestantismus.

Bearbeiterin: Prof. Dr. Claudia Lepp

Publikation:
Claudia Lepp: Vom "Gastarbeiter" zum "Mitbürger". Der Beitrag des Protestantismus zu Fragen der Integration von Arbeitsmigranten in der Bundesrepublik Deutschland. In: Dies. (Hg.): Christliche Willkommenskultur? Die Integration von Migranten als Handlungsfeld christlicher Akteure nach 1945. Göttingen 2020, S. 87-112.

Mitteilungen zur Kirchlichen Zeitgeschichte

Die Zeitschrift beschäftigt sich mit der Entwicklung des deutschen und internationalen Protestantismus im 20. Jahrhundert und somit mit der Genese der Gegenwart und ihren Herausforderungen. Sie enthält Aufsätze, Bibliographien, Forumsbeiträge, Projekt- und Tagungsberichte sowie Nachrichten über zeitgeschichtliche Aktivitäten in den Landeskirchen und andernorts.

Inhalt Heft 17 (2023)

Aufsätze

Trauer und Trotz. Religiöses Kriegsgedenken nach 1918
Tim Lorentzen

Die Kultur des Gegners als Kraft zum Widerstand in Zeiten des Krieges. Dem Kriegsdienstverweigerer Wilhelm Schümer im Gedenken an seinen 80. Todestag
Maike Schult

„Kein Hinderungsgrund für eine Anstellung“. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und der NS-Jurist Wilhelm von Ammon
Nora Andrea Schulze

Mit „mancherlei Fesseln“ in den „Deutungskämpfen der Erlebnisgeneration“. Die Deutschen Christen und die EKD-Kommission für die Geschichte des Kirchenkampfes in den 1950er Jahren
Marvin Becker

Rassen- und Sozialhygieniker als Bindeglied der nichtkonfessionellen und evangelischen Eheberatung in der bundesdeutschen Nachkriegszeit
Vera-Maria Giehler

„Solche unverschämten Brüder brauchen wir nicht!“ – Ein Beitrag zum Typus des ‘68er Pastors am Beispiel von Michael Schmidt
Carsten Linden

Miszellen

Ein gefälschtes Dibelius-Zitat und seine Folgen
Michael Heymel

Forschungsberichte

Geistlich und rechtlich gleich. Gleichstellung von Theologinnen im Pfarrberuf der Evangelischen Kirche in  Hessen und Nassau und ihren Vorgängerkirchen 1918–1971
Jolanda Gräßel-Farnbauer

Lebensläufe zur Zeit des Nationalsozialismus. Eine duale Biografie von Helmuth Schreiner und Karl Themel
Maurice Backschat

Ein Raum „alternativer Öffentlichkeit“? Das Theologische Seminar Leipzig (1964–1992)
Marius Stachowski

Belastendes Erbe – Ein Projekt der Evangelischen Kirche der Pfalz zur Erfassung, Einordnung und digitalen Präsentation problematischer materialer Relikte aus der Zeit des Deutschen Reichs (1870–1945)
Marie Fischer/Christoph Picker

Tagungsberichte

Otto Dibelius (1880–1967). Neue Forschungen zu einer protestantischen Jahrhundertfigur
Michael Heymel

Diakonie und Caritas in Ostdeutschland vor und nach 1990. Potentiale für Ost und West. Was ist anders (geblieben), was soll anders werden?
Bettina Westfeld 

Nachrichten
Nachrichten aus der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte
Nachrichten aus Kirchengeschichtlichen Vereinigungen

 


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Publikationsdatum dieser Seite: Mittwoch, 19. Juli 2023 07:02